Queens on Screens: Gloria vs. Jurassica

Berlin hat so einiges zu bieten und überrascht stets und ständig mit neuen, unentdeckten Möglichkeiten. Auch in ihrer homosexuellen Szene finden sich viel Abwechslung und Faszinationen in Hülle und Fülle: Unter anderem eine unüberschaubare Vielzahl an Transen, Drag Prinzessinnen, Frauendarstellern und  verkleideten Männern mit individueller Selbstbezeichnung – die eine mehr oder weniger erfolgreich als die andere. Doch zwei geschäftige Drag Queens treten besonders hervor und haben in der Berliner Szene einen markenähnlichen Marktwert erreicht. Die Rede ist von Gloria Viagra und Jurassica Parka. Beide sind Entertainerinnen par excellence für Berlin, und wer sie außerhalb von Berlin noch nicht kennt, wird sicherlich bald von Ihnen hören. Sie sind DJanes, Moderatorinnen, Veranstalterinnen und eine Bereicherung jeder Party durch ihre bloße Anwesenheit. Doch eine weitere Aktivität lässt sie derzeitig im Vergleich zu anderen besonders hervorstechen: Das Etablieren eines regelmäßigen Onlinesendeformats. Ist eine regelmäßige Internetsendung das moderne Erfolgskonzept?

Jurassica Parka hat bereits seit dem Jahre 2011 ihre wöchentliche Internetsendung „Attraktiv – das Starmagazin“, die sie staffelweise jeden Donnerstag ihrer sogenannten Donnerswoch online veröffentlicht. Das Sendeformat gleicht einem Satiremagazin, das durch eine Rahmengeschichte abgerundet wird und über aktuelle Themen, Einflüsse aus Wirtschaft, Politik und Unterhaltung, im Besonderen Mode und Werbung,  demontiert berichtet. Auf den Zuschauer hat dies eine anziehend komische Wirkung, die zum Lachen und zum regelmäßigen „Wiedereinschalten“ anzuregen scheint. Denn so, wie sich das Erscheinungsbild der Sendung über die Jahre technisch weiterentwickelt hat, sind auch die Zuschauerzahlen immer größer geworden: Jurassicas Online-YouTube-Kanal hat einen Anstieg von anfänglich mehreren hundert bis heute zu mehreren tausend Aufrufen zu verzeichnen. Doch wie lukrativ ist diese Investition in solch eine Internetpräsenz wirklich?

Das Internet hat viele Vor- und Nachteile und wurde nicht zu Unrecht das ein oder andere Mal als größte Müllhalde an Informationen bezeichnet. Seitdem es soziale Netzwerke gibt, werden alle vielleicht sinnvollen, aber auch wertfreien Beiträge ohne große Hemmschwelle gepostet. Solches Aufmerksam-Machen kann sich sowohl positiv als auch negativ auf den Bekanntheitsgrad auswirken, denn Internetbenutzer schrecken nicht vor dem sogenannten „Shitstorms“, einer Lawine an Negativkommentaren, zurück, der verheerende Wirkung auf die aufgebaute Reputation haben kann. Unbedachte Internetpublikationen sind also mit Vorsicht zu genießen. Das gleiche Phänomen gilt neben den sozialen Netzwerken auch für Internetvideoportale, auf denen ebenso sowohl interessante, aber auch teilweise langweilige oder anstößige Videos online gestellt werden. Das bekannteste Internetvideoportal „YouTube“ gibt es seit 2005, wurde von Paypal-Mitarbeitern gegründet und gehörte schon nach einem Jahr zum Google Konzern. Alleine in Deutschland hat YouTube mittlerweile mehr als 40 Millionen Nutzer. Seit dem Jahre 2008 ist es auch hier zu Lande möglich, an einem sogenannten Partnerprogramm teilzunehmen, bei dem man als Urheber eines Videos die Möglichkeit bekommt, bei mehr als 1000 Zuschauern über Werbeeinblendungen Einnahmen zu erwirtschaften. Dieses Geschäft kann also als lukrativ bezeichnet werden, wenn damit professionell umgegangen wird. Jurassica hat die Gelegenheit genutzt, ihren Markenwert strategisch ausgebaut: Die Zuschauerzahlen ihres Kanals und die Besucherzahlen ihrer Veranstaltungen bedingen sich gegenseitig.

Gloria Viagras neue Onlinetalksendung „Thekenschlampe“ startet nächste Woche und soll immer dienstags im Internet veröffentlich werden. Trotz der Unterschiede zwischen den Formaten der beiden Sendungen haben Glorias und Jurassicas Internetpräsenz grundlegende Gemeinsamkeiten: Glorias professioneller Aufmacher und scheinbar seriöse Herangehensweise, sowie Ihre geplante Regelmäßigkeit steht Jurassicas Strategie in nichts hinterher und distanziert sich schon durch die Vorankündigung enorm von allen unseriösen YouTube-Beiträgen anderer Berliner Drag Prinzessinnen. Im Unterschied zu Jurassicas humoristischem Unterhaltungswert plant Gloria Interviews individueller Gäste bei entspannter Baratmosphäre. Einer der ersten Talkgäste wird der Pornostar Tim Krüger sein, den Jurassica letztes Jahr medienwirksam geheiratet hat. Auf gewisse Art und Weise komplementiert sich die queere Szene in Berlin somit vielleicht selbst und hoffentlich mit Bestand auch die Internetvideolandschaft. Jurassica hat als Vorreiterin das Genre der Internetsendung marketingtechnisch erfolgreich für sich eingesetzt, mal sehen ob Gloria als sonst erfahrenere Dame ihrer Kollegin in diesem Bereich in nichts hinterher steht.

Man könnte diesen Launch auch als Rennen der Szenendinosaurier bezeichnen, bei dem Jurassica nicht nur durch ihren Namen schon einen Vorsprung haben mag.

Eure Bambi Szeen

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